Infantatus kam scheinbar als ganz gewöhnliches Ferkel auf die Welt. Doch schnell wurde seinem Betreuer klar, dass das kleine rosa Schweinchen etwas besonderes war. Es verhielt sich anders als seine Artgenossen und unterschied sich deutlich von seinen Geschwistern aus dem selben Wurf. Obwohl mit einem Gemächt ausgestattet, gesellte sich Infantatus lieber zu den weiblich gelesenen Eber:innen statt zu den Säu:innen und sein Betreuer ließ schließlich eine staatlich promovierte Tiertelepathin konsultieren.
Die Expert:in fand heraus, dass sich Infantatus im falschen Körper empfand und lieber kein ausgewachsener Eber, sondern eine Säu:in werden wollte. Vor der geschlechtsangleichenden Operation fand eine erfolgreiche Hormonbehandlung statt und alle glaubten, Infantatus würde nun endlich glücklich sein und ein erfülltes Leben als Transschwein führen können. Zunächst sah es auch tatsächlich danach aus. Doch nachdem Infantatus in den Stall der Rosa Zirkuspartei wechselte, erkannte ihre neue Pfleger:in, dass immer noch etwas nicht mit ihr stimmte. Infantatus fühlte sich nicht nur als dem weiblichen Geschlechts zugehörig, sondern auch der menschlichen Spezies.
Die Medizin ist aber noch nicht so weit, speziesangleichende Operationen und entsprechende Gentherapien anbieten zu können, dennoch musste eine Lösung her. Infantatus wurde in die Tierkommunikationologie überwiesen, wo man ein Gutachten erstellte, dass in diesem Fall das Selbstbestimmungsrecht für Menschen greife, weil sich Infantatus nicht als Transschwein, sondern Mensch empfinde. Ein von Tiertelepathen übersetzter Sprechakt genüge schließlich, um den Wechsel der Zuständigkeit vom Veterinär- zum Standesamt zu übertragen und somit auch den Personenstand zu ändern. Infantatus ist somit als Mensch anzusehen, aktuell mit der Anrede „Frau“ und dem Pronomen „sie“.
Inzwischen hat das Bündnis „Wahre Selbstbestimmung“ (BWS) den Fall entdeckt und tritt mit Infantatus als Kanzlerkandidat zu den Bundestagswahlen an. Wir fragen Rechtsexperten, ob ein Schwein Kanzler werden kann. Die Antwort lautet „im Prinzip NEIN!“. Da Infantatus aber ein Mensch sei, eben doch.