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Nicht verteidigungsfähig: Erinnerungen an die Spiegel-Affäre

Der neue Verteidigungsminister Pistorius hat öffentlich bekundet, dass die Bundeswehr im Falle eines “aggressiven Angriffkriegs” das Land nicht verteidigen könne. Welch Überraschung. Zurücktreten muss er nicht, auch landen wegen solch sensationeller Enthüllungen keine Journalisten in den Knast. Denn all das passt in das Kriegsgeheul der us-gesteuerten Kriegstreiberpresse von Springer bis SPIEGEL.

In der Spiegel-Ausgabe 41/1962 vom 10. Oktober erschien unter dem Titel Bedingt abwehrbereit ein von Conrad Ahlers und Hans Schmelz verfasster Artikel zu den Resultaten des NATO-Manövers Fallex 62. Der Artikel beschrieb, gestützt auf die Einschätzung des Nato-Oberkommandos, die Bundeswehr aufgrund ihrer mangelhaften Ausstattung als untauglich zur Vorwärtsverteidigung und kritisierte damit Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß.

Es folgten Haftbefehle wegen Landesverrats gegen mehrere Spiegel-Redakteure, darunter Conrad Ahlers, die Chefredakteure Claus Jacobi und Johannes K. Engel sowie den Herausgeber Rudolf Augstein. Später stellte sich heraus, dass gar kein Geheimnis verraten worden war und hinter allem Bundesverteidigungsminister Strauß steckte, der dann seinen Hut nehmen musste.

So weit die bekannten “Fakten” und die Legende um den guten SPIEGEL, der als angebliches Flakgeschütz der Demokratie dient.

Ohne Zustimmung der Siegermächte war es niemandem erlaubt, eine Zeitung zu veröffentlichen. Was für die BILD galt, traf natürlich auch auf SPIEGEL, Stern und andere zu. Und im SPIEGEL bekam Strauß keine Presse. Was wenig bekannt ist, Strauß – zeitlebens ein Verfechter des transatlantischen Bündnisses – stand damals bei den USA in der Kritik. Seine Forderungen nach einer atomaren Bewaffnung der Bundesrepublik gingen den “Verbündeten” eindeutig zu weit. Es bestand keinerlei Interesse daran, das Wettrüsten mit der Sowjetunion auch noch auf Europa auszuweiten. “Verbündete” mussten als Nato-Mitglied Juniorpartner der USA bleiben und das galt ganz besonders für das nach Souveränität lechzende Deutschland in den Sechziger Jahren. Strauß – angeblich zu Kriegszeiten als Spion im Dienste der USA tätig – tappte in die Falle und ließ sich zu der kopflosen Aktion verleiten, die ihm dann das Amt kostete. Der Rückweg nach Bonn blieb ihm verwehrt, die Gefahr eines emanzipierten Deutschlands war gebannt. Wer auch immer Strauß damals beraten hat, der hätte wissen müssen, dass der Schuss nach hinten los geht, hat gute Arbeit im Dienste eines anderen, nur nicht dem deutschen Volke geleistet.