So oft kam es zu Unregelmäßigkeiten bei Bundestagswahlen

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Eine genaue Auflistung aller Unregelmäßigkeiten bei Bundestagswahlen in Deutschland ist schwierig, da es keine zentrale, öffentlich zugängliche Datenbank gibt, die jede einzelne Auffälligkeit über alle Wahlen hinweg systematisch dokumentiert. Dennoch lassen sich aus verfügbaren Informationen und Berichten einige bekannte Fälle und Muster ableiten. Ich werde die wichtigsten dokumentierten Vorfälle sowie allgemeine Erkenntnisse zusammenfassen, wobei ich mich auf historische Beispiele und verfügbare Analysen stütze. Beachte, dass „Unregelmäßigkeiten“ ein breites Spektrum abdecken können – von unbeabsichtigten Fehlern bis hin zu mutmaßlichen Manipulationen – und nicht immer eine Wahlbeeinflussung nachgewiesen wurde.

Bekannte Fälle und Trends von Unregelmäßigkeiten bei Bundestagswahlen

  1. Bundestagswahl 2002: Statistische Auffälligkeiten (Benfordsches Gesetz)
  • Zwei Politikwissenschaftler (Achim Goerres und Christian Breunig) untersuchten die Wahlergebnisse von 1990 bis 2005 und fanden mithilfe des Benfordschen Gesetzes Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung. Besonders bei der Wahl 2002 zeigten sich Abweichungen, etwa bei der PDS/Linken im Osten sowie in bestimmten Bundesländern (Bayern: CSU, Baden-Württemberg: CDU, Nordrhein-Westfalen: SPD). Diese könnten auf Schlamperei oder Manipulation hinweisen, allerdings wurde kein systematischer Wahlbetrug bewiesen. Die Analyse zeigt, dass etwa jedes vierte Landesergebnis nicht exakt den Wählerwillen widerspiegelte, ohne dass die genaue Ursache oder Auswirkung geklärt wurde.
  1. Bundestagswahl 2013: Lokale Pannen
  • Verschiedene Berichte dokumentierten kleinere Unregelmäßigkeiten, z. B. in Bochum (600 Briefwahl-Erststimmen wurden wegen vertauschter Wahlkreise nicht gezählt), Essen (Streit um drei Stimmen bei Direktmandaten), Hamburg (ca. 100.000 Wahlkartenstimmen zunächst unauffindbar) und Waltrop (AfD-Stimmen wurden als Stimmen für die Republikaner gewertet). Diese Vorfälle wurden korrigiert oder als nicht mandatsrelevant eingestuft.
  1. Bundestagswahl 2017: Kleinere Fehler und Vorwürfe
  • Vereinzelte Probleme traten auf, z. B. falsche Auszählungen in NRW (2.204 Stimmen wurden bei der Landtagswahl zuvor falsch gezählt, was auch für die Bundestagswahl diskutiert wurde) oder Beschwerden über Briefwahlunterlagen (fehlerhaft gedruckte Stimmzettel in einzelnen Fällen). Die AfD behauptete Unregelmäßigkeiten zu ihren Ungunsten, konnte dies jedoch nicht substantiell belegen. Insgesamt wurden 275 Wahleinsprüche eingereicht, von denen sieben teilweise als begründet galten (subjektive Rechtsverletzungen), ohne die Wahl ungültig zu machen.
  1. Bundestagswahl 2021: Chaos in Berlin und andere Vorfälle
  • Die Wahl in Berlin war von erheblichen organisatorischen Problemen geprägt: lange Wartezeiten, fehlende Stimmzettel, Wahllokale, die zeitweise schlossen, und falsche Auszählungen. Dies führte zu einer Teilwiederholungswahl am 11. Februar 2024 in Teilen Berlins, angeordnet vom Bundesverfassungsgericht – ein historisch seltener Schritt. Weitere Berichte erwähnen vereinzelte Briefwahlprobleme (z. B. unvollständige Stimmzettel), die jedoch schnell behoben wurden und das Gesamtergebnis nicht beeinflussten.

Häufigkeit und Muster

  • Jede Wahl betroffen?: Es gibt bei jeder Bundestagswahl vereinzelte Berichte über kleinere Unregelmäßigkeiten (z. B. falsche Auszählungen, verlorene Wahlunterlagen, technische Fehler bei der Briefwahl). Diese sind meist lokal begrenzt und werden durch Kontrollmechanismen wie öffentliche Auszählung, Nachzählungen oder Einspruchsverfahren korrigiert.
  • Gravierende Fälle: Systematische oder großflächige Manipulationen wurden nie zweifelsfrei nachgewiesen. Der Berliner Fall 2021 ist einer der prominentesten, da er eine Teilwiederholung erzwang – das erste Mal in der Geschichte der Bundestagswahlen.
  • Statistische Analysen: Die Untersuchung von 1990–2005 deutet darauf hin, dass Unregelmäßigkeiten nicht selten sind (ca. 25 % der Landesergebnisse betroffen), aber die Ursachen unklar bleiben (Fehler vs. Absicht). Dies betrifft jedoch keine einzelnen Wahlen konkret, sondern ist eine statistische Beobachtung über mehrere Wahlen hinweg.
  • Einsprüche: Nach jeder Wahl gibt es Einsprüche (z. B. 275 im Jahr 2017), aber nur wenige werden als relevant anerkannt, und noch seltener führen sie zu Konsequenzen wie einer Wiederholung.

Fazit

Unregelmäßigkeiten bei Bundestagswahlen sind keine Seltenheit, aber sie treten meist in kleinerem Umfang auf und beeinflussen selten das Gesamtergebnis. Seit 1949 (20 Bundestagswahlen bis 2021) gab es keine Wahl ohne irgendeinen gemeldeten Vorfall, doch nur die Wahl 2021 in Berlin führte zu einer gerichtlich angeordneten Teilwiederholung. Die genaue Anzahl hängt von der Definition ab: Hunderte kleinerer Fehler (z. B. Auszählfehler) könnten über die Jahre summiert werden, aber gravierende, das Ergebnis verzerrende Fälle sind Ausnahmen. Das deutsche Wahlsystem gilt dank Öffentlichkeit, Kontrollen und Einspruchsmöglichkeiten als robust, auch wenn es nicht fehlerfrei ist. Für eine detailliertere Liste müsste man jede Wahl einzeln analysieren, was den Rahmen hier sprengen würde – die genannten Beispiele sind die bekanntesten und repräsentativsten.


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