Wenn Russland die Nato angreift, dann noch dieses Jahr

Täglich werden wir vor einem russischen Angriff gewarnt, weshalb die Regierungen aller Nato-Länder dringend ihre Armeen aufrüsten sollten. In vier Jahren soll Deutschland kriegstüchtig sein, weil nach der Ukraine Polen und das Baltikum Putins nächste Ziele seien. Man kann es nicht mehr hören, aber was bedeutet das zwischen den Zeilen?

„Wir“ können uns aktuell gar nicht verteidigen, einzige Abschreckung wäre der „Bündnisfall“, nach dessen Eintreten es Russland mit mehreren Ländern zu tun bekäme und das Atomwaffenarsenal der USA auf deutschem Grund.

Wenn die Eskalation sowieso nicht mehr zu verhindern ist, warum sollte Putin so dumm sein, noch ganze vier Jahre zu warten? Klüger wäre es, sich in der Ukraine nicht zu sehr zu verausgaben, aber weiterhin die Kräfte des Westens dort zu binden, die Milliarden für militärische Hilfe investieren. Die USA haben erst einmal damit aufgehört, ihr Geld zu verpulvern. Nach den Wahlen im November weiß man mehr. Kommt Trump zurück, gibt es weiterhin wohl kein Geld für die Ukraine und die Nato-Partner können sich der Unterstützung der USA nicht mehr so gewiss sein wie zuvor.

Putin muss schon etwas früher seine Wiederwahl sichern und sich im innenpolitischen Machtpoker behaupten. Das bedeutet, dass er im Herbst schon längst wieder fest im Sattel sitzt, wenn in den USA die Würfel neu fallen und erst noch wichtige Entscheidungen anstehen. Das wäre dann auch der geeignete Zeitpunkt für ein Vorrücken auf Gebiete von Estland und Polen.

Im Interview mit Tucker Carlson hat Putin geantwortet, er habe kein Interesse an einem Krieg mit der Nato, aber auch deutlich gemacht, dass man sich im Ernstfall verteidigen werde. Was er nicht gesagt hat, ab wann genau eine rote Linie als überschritten angesehen wird und wie die Verteidigung aussehen würde. Wer lässt sich schon gerne in die Karten schauen? Das gilt für beide Seiten, wir sollten nicht so naiv sein, je nach politischer Einstellung der einen oder der anderen Seite mehr Glauben zu schenken. Hinter den Kulissen könnte es noch ganz andere Abmachungen geben, beispielsweise einen nuklearen Nicht-Angriffspakt. Für Russland und USA ist eine Sache besonders wichtig, nämlich, dass der Krieg nicht im eigenen Territorium ausgetragen wird. Ebenso von Belang ist, dass wer sich Europa untertan machen will, kein Interesse daran haben kann, dass es vollständig in Trümmern liegt. Oder aber es geht genau darum.

Wie auch immer, niemand wird uns die vollständige Wahrheit erzählen. Sollte Putin einen Angriff als russische Form der Selbstverteidigung in Erwägung ziehen, ist dieses Jahr im Herbst der wahrscheinlichste Zeitpunkt. Dasselbe gilt für ein Vorrücken von Nato-Truppen auf ukrainisches Gebiet. Wer den ersten Schritt dabei macht, spielt keine so große Rolle, denn im Krieg befinden „wir“ uns längst. Dann allerdings auch offiziell.

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