Da war es wieder dieses Gefühl, das mir noch gut aus meiner Zeit als Grenzgänger in Erinnerung ist. Damals, kurz nach der Einführung des Euros, arbeitete ich in Aachen, wohnte aber in Belgien. Feierabend hatte ich erst so richtig, wenn ich die Grenze passierte. Plötzlich war diese Schwere weg. Mit der orangen Straßenbemalung und Beleuchtung kam sofort Farbe ins Leben und in meiner Vorstellung verschwand auch der typisch deutsche Stock im Arsch. Es war nicht alles besser, doch die andere Mentalität der Menschen im Dreiländereck kann eine Wohltat sein, wenn man es anders gewöhnt ist.
Diese Woche sind wir ein paar Tage im Elsaß unterwegs. Solche bunten Häuser gibt es in Deutschland nur noch dort, wo die Bombardements die Städte verschont haben und „moderne“ Betonklötze und hässliche Architektenvillen nicht Fuß fassen konnten. Frankreich ist das sozialistischste Land der EU-Kernstaaten, die Gesetze sind härter, doch in gleichem Maße pfeifen die Franzosen auf die Obrigkeit, wenn es ihnen nicht in den Kram passt. Wie in Benelux geben die Leute hier mehr auf sich acht, in Jogginghosen sieht man nur die üblichen Verdächtigen auf der Straße herumlungern. Da es hier keine versifften Großstädte gibt, ist ihre Zahl auch überschaubar.
Deutschland kam mir immer schon vor wie unter einer Glocke. Aufgewachsen bin ich in einem Spargeldorf direkt an der holländischen Grenze. Auf beiden Seiten sprachen die Alten fast den gleichen Dialekt, aber in Holland war es lockerer, leichter und auch ein wenig lauter. Warum die Deutschen so gehemmt im Vergleich zu ihren Nachbarn sind, habe ich mich damals nie gefragt, heute liegt die Antwort auf der Hand. Es ist diese Verlierer-Energie. Zwei verlorene Weltkriege und die Umerziehung ab 1945 haben ihre Spuren hinterlassen. In Holland stehen links und rechts zusammen, singen die Nationalhymne und verteidigen ihr Königshaus, wenn es ernst wird, in Frankreich stößt man in jeder dritten Straße auf irgendwelche Nationaldenkmäler, in Deutschland werden Straßen nach unbekannten Negern benannt und eine Orientalin zur Miss Germany gekürt. Das kann vorerst nicht gut enden, ein dritter Niederschlag liegt in der Luft. Ausgerechnet die selbsternannten rotgrünen Antifaschisten führen uns in den nächsten Krieg, das „Nie wieder“ scheint nicht nur vergessen, sondern wurde nach Orwell-Manier als „Krieg für den Frieden“ ins Gegenteil verkehrt.
Doch auch das Ende des vielfältigen Gesellschaftsexperiments liegt bereits in der Luft, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Wenn die EU an den Nachwirkungen des Ukrainekriegs zerbricht, trennen sich wieder Spreu und Weizen, Öl und Wasser, da sich nicht länger aufgemischt werden.
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