Menschen, die für das Gemeinwohl tätig sind, sollen strafrechtlich besser geschützt werden. Insbesondere sollen die Mindeststrafen für Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten, Angehörige der Rettungsdienste und der Feuerwehr, Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher erhöht werden. Wer diese Personen tätlich angreift, soll künftig mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten statt wie bisher von mindestens drei Monaten bestraft werden; in besonders schweren Fällen soll eine Mindeststrafe von einem Jahr statt wie bisher sechs Monaten drohen. Es soll gesetzlich klargestellt werden, dass auch hinterlistige Überfälle auf die genannten Personen zu den besonders schweren Fällen tätlicher Angriffe gehören. Auch Angriffe auf medizinisches Personal (etwa Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte) sollen künftig strenger bestraft werden. Das sieht ein Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums vor, der heute veröffentlicht wurde. Um das demokratische Gemeinwesen insgesamt besser zu schützen, sind darüber hinaus weitere Anpassungen des Strafrechts vorgesehen.
Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Dr. Stefanie Hubig erklärt dazu:
„Der Zusammenhalt einer Gesellschaft hängt auch davon ab, ob wir denjenigen den Rücken stärken, die Verantwortung für unsere Gesellschaft übernehmen. Eine große Aufgabe für 2026 wird sein, unser Gemeinwesen zu stärken – gegen Angriffe von innen wie von außen. Dazu gehört ganz wesentlich, diejenigen besser zu schützen, die täglich für unsere Sicherheit im Einsatz sind. Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten sowie auf Rettungs- und Einsatzkräfte haben in den vergangenen Jahren ein erschreckendes Ausmaß angenommen. Gerade in den Silvesternächten ist es immer wieder zu enthemmten und inakzeptablen Übergriffen gekommen. Dieser Verrohung muss der Rechtsstaat entschieden entgegentreten – auch und gerade mit den Mitteln des Strafrechts. Deshalb wollen wir das Strafrecht nachschärfen. Wer Menschen angreift, die im Dienst für die Allgemeinheit stehen und dabei besondere Gefahren auf sich nehmen, handelt besonders verwerflich und muss entsprechend bestraft werden. Das gilt für Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte, aber auch für Angriffe auf Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal oder Gerichtsvollzieher. Für all diese Berufsgruppen muss gelten: Starker Einsatz für uns verdient unseren starken Schutz.“
Angehörige der Polizei, der Rettungskräfte und der medizinischen Berufe tragen ganz besonders zur Funktionsfähigkeit von Staat und Gesellschaft bei. Auch Menschen, die sich im Ehrenamt zum Beispiel in Vereinen oder in der Kinder- und Jugendarbeit engagieren, leisten einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwohl. Das soll zukünftig im Strafrecht noch stärker berücksichtigt werden. Denn trotz oder gerade wegen ihres Einsatzes werden diese Menschen immer wieder zum Ziel von Übergriffen. Der Gesetzentwurf reagiert auf diese besorgniserregende Entwicklung und soll die Widerstandsfähigkeit des Rechtsstaats insgesamt stärken.
Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen folgende Änderungen vor:
- Höhere Strafen für Übergriffe auf Vollstreckungsbeamtinnen und -beamte (insbesondere Polizistinnen und Polizisten) sowie Angehörige der Rettungsdienste und der Feuerwehr
Bei Übergriffen auf Vollstreckungsbeamtinnen und -beamte (insbesondere Polizistinnen und Polizisten, Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher) sowie auf Rettungs- und Einsatzkräfte (Feuerwehrleute, Hilfeleistende des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes) sollen künftig höhere Strafen drohen. Wer diese Personen tätlich angreift, soll künftig mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten statt wie bisher von mindestens drei Monaten bestraft werden. Auch wenn Vollstreckungsbeamtinnen und -beamten Widerstand geleistet wird oder Rettungs- und Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit behindert werden, soll grundsätzlich keine Geldstrafe mehr möglich sein, sondern immer eine Freiheitsstrafe drohen. In besonders schweren Fällen tätlicher Angriffe soll die Freiheitsstrafe künftig mindestens ein Jahr statt bisher sechs Monate betragen. Im Gesetz soll klargestellt werden, dass auch tätliche Angriffe, die mittels eines hinterlistigen Überfalls erfolgen, zu den besonders schweren Fällen zählen. Diese Klarstellung betrifft beispielsweise Fälle, in denen Einsatzkräfte in einen Hinterhalt gelockt werden. Die sogenannten Widerstandsdelikte in den §§ 113 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) sollen zu diesem Zweck insgesamt überarbeitet werden. - Besonderer strafrechtlicher Schutz auch für Ärztinnen und Ärzte sowie anderes medizinisches Personal
Ärztinnen und Ärzte sowie Angehörige anderer Heilberufe und ihre Mitarbeitenden sollen zukünftig generell einbezogen werden in den Schutz der besonderen Strafvorschriften zum Schutz von Einsatz- und Rettungskräften. Das heißt: Unabhängig davon, wo sie tätig sind, sollen tätliche Angriffe gegen Ärztinnen und Ärzte und ihre Mitarbeitenden künftig den gleichen Strafandrohungen unterliegen wie Angriffe gegen Rettungskräfte. Das sieht ein neuer § 116 StGB vor. Bislang gelten besondere Strafvorschriften für Angriffe auf medizinisches Personal nur, soweit die angegriffenen Personen im Rahmen eines ärztlichen Notdienstes oder in einer Notaufnahme tätig sind. - Strafschärfende Berücksichtigung von Auswirkungen auf Tätigkeiten, die dem Gemeinwohl dienen
Zukünftig soll im Gesetz ausdrücklich klargestellt sein, dass Gerichte es bei der Strafzumessung im Einzelfall berücksichtigen müssen, ob die Auswirkungen einer Tat geeignet sind, eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit zu beeinträchtigen. So soll beispielsweise zu Lasten des Täters oder der Täterin zu berücksichtigen sein, wenn die Tat eine Einschüchterung medizinischen Personals oder auch politischer Entscheidungsträger zur Folge hat. Dazu soll die Vorschrift über die Festlegung der Strafe im Einzelfall (sogenannte Strafzumessung) in § 46 StGB angepasst werden. - Besserer Schutz vor rechtswidriger Einflussnahme auf europäischer und kommunaler Ebene
Zukünftig sollen auch Entscheidungsorgane und Entscheidungsträgerinnen und -träger auf europäischer und kommunaler Ebene durch besondere Strafvorschriften besser vor rechtswidriger Einflussnahme durch Nötigung geschützt werden. Dazu gehören das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Gerichtshof der Europäischen Union sowie die Volksvertretungen der kommunalen Gebietskörperschaften und deren Mitglieder. Der Gesetzentwurf sieht hierfür eine Ergänzung der bestehenden Straftatbestände des § 105 und § 106 StGB (bisher: Nötigung von Verfassungsorganen, des Bundespräsidenten und von Mitgliedern eines Verfassungsorgans) vor. - Strafrahmenerhöhung und Aberkennung des passiven Wahlrechts bei einer Verurteilung wegen Volksverhetzung
Für die Verbreitung volksverhetzender Inhalte (§ 130 Absatz 2 StGB) soll zukünftig eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren statt bisher drei möglich sein. Außerdem sollen Gerichte bei Verurteilungen wegen Volksverhetzung zu mindestens sechs Monaten Freiheitsstrafe die Aberkennung des passiven Wahlrechts aussprechen können. Täterinnen und Täter können damit bis zu fünf Jahre lang ihr Recht verlieren, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen. Damit soll das demokratische Gemeinwesen besser gegen Bedrohungen durch Personen geschützt werden können, die sich aktiv gegen das friedliche Miteinander wenden.
Der Gesetzentwurf wurde heute an die Länder und Verbände versandt und auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 30. Januar 2026 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen der Verbände werden auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz veröffentlicht.
Den Gesetzentwurf finden Sie hier.
