NATO-Regeln für den Einsatz von Waffengewalt gegen russische Flugzeuge

Die NATO verfolgt bei Luftraumverletzungen ein eskaliertes, aber restriktives Vorgehen, das auf den sogenannten Rules of Engagement (ROE) basiert. Diese Regeln priorisieren Deeskalation und minimale Gewaltanwendung, um eine Eskalation zu einem breiteren Konflikt zu vermeiden. Grundsätzlich darf die NATO auf fremde Flugzeuge – einschließlich russischer – nur schießen, wenn eine unmittelbare Bedrohung für NATO-Territorium, Streitkräfte oder Zivilisten besteht. Das umfasst typischerweise:

  • Warn- und Eskortierungsstufe: Zuerst werden die Flugzeuge per Funk oder visuelle Signale (z. B. Flügelwackeln) gewarnt und von NATO-Jets eskortiert, um sie aus dem Luftraum zu lotsen.
  • Schussfreigabe als letztes Mittel: Schießen ist nur erlaubt, wenn das Flugzeug Warnungen ignoriert, bewaffnet ist, auf Ziele zusteuert oder eine klare Absicht zur Aggression zeigt (z. B. Lock-on mit Waffen). Dies entspricht dem Prinzip der Selbstverteidigung nach Artikel 5 des NATO-Vertrags, der kollektive Verteidigung auslöst, aber nur bei bewaffnetem Angriff.

Die NATO betont, dass ROE nationalen und alliierten Abstimmungen unterliegen und je nach Szenario angepasst werden können. In der Praxis wird bei Drohnen (die als „unbemannt und aggressiv“ gelten) schneller geschossen als bei bemannten Jets, um Eskalationsrisiken zu minimieren. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, warnte heute vor anhaltenden Provokationen und forderte eine „klare Kante“ der NATO.

Bezug zu den jüngsten Vorfällen in Estland und Polen (September 2025)

Die Vorfälle häufen sich und testen die NATO-Grenzen weiter. Hier eine Übersicht über die relevantesten, inklusive der alleraktuellsten Meldungen vom 21. September:

  • Estland (19. September 2025): Drei russische MiG-31-Kampfjets verletzten den estnischen Luftraum über der Ostsee für etwa 12 Minuten – eine „unprecedentedly brazen“ Eskalation, wie Estland es nannte. Italienische NATO-Jets eskalierten sie sofort, aber die russischen Piloten ignorierten Warnsignale und Funkanrufe. Dennoch wurde nicht geschossen, da keine unmittelbare Bedrohung (z. B. Angriff auf Ziele) vorlag – die Jets flogen nur durch und verließen den Raum. Estlands Verteidigungsminister Hanno Pevkur betonte, die NATO sei „bereit gewesen, Gewalt anzuwenden, falls nötig“, was die ROE unterstreicht: Eskalation nur bei Bedrohung. Russland bestreitet die Verletzung und spricht von einem „geplanten Flug nach Kaliningrad“. Als Reaktion fordert Estland eine UN-Sicherheitsratssitzung am 22. September – die erste in 34 Jahren UN-Mitgliedschaft –, um Russlands „aggressives Verhalten“ anzuprangern. Insgesamt wurden in dieser Woche vier Verletzungen über Estland gemeldet, darunter weitere MiG-31-Flüge.
  • Polen (18./19. September 2025): Im Kontext russischer Drohnenangriffe auf die Ukraine verletzten mehrere russische Drohnen den polnischen Luftraum. Hier schoss die NATO aktiv ab: Polnische und alliierte Jets zerstörten die Drohnen, da sie als direkte Bedrohung galten – unbemannt, potenziell explosiv und Teil eines laufenden Angriffs. Dies markiert einen Unterschied zu bemannten Jets: Drohnen werden schneller als „aggressiv“ eingestuft. Britische Typhoon-Jets patrouillierten erstmals unter „Operation Eastern Sentry“ über Polen, um solche Vorfälle zu verhindern. Am Freitag (20. September) meldeten Polen und Estland weitere kleinere Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg.
  • Neuester Vorfall: Ostsee (21. September 2025): Die Bundeswehr hat heute Morgen eine russische IL-20M-Aufklärungsmaschine über der Ostsee abgefangen. Zwei Eurofighter starteten alarmiert von der Laage-Basis und eskortierten das Flugzeug, das den internationalen Luftraum knapp streifte, ohne direkte Verletzung. Es handelt sich um eine weitere Provokation im Kontext der Ostsee-Patrouillen, die die NATO als „Test der Reaktionsfähigkeit“ einstuft. Moskau konterte Vorwürfe zu früheren Incursions und sprach von „routinemäßigen Flügen“.

Diese Incursions provozieren Debatten: Kritiker fordern strengere ROE, z. B. dass jedes bewaffnete russische Flugzeug abgeschossen werden sollte, um Abschreckung zu signalisieren. Tschechiens Präsident Petr Pavel warnte kürzlich: „Jedes russische Flugzeug oder Drohne, das NATO-Luftraum verletzt, sollte abgeschossen werden, ohne Eskalationsangst.“ Bisher bleibt die NATO jedoch bei Deeskalation, um einen Krieg zu vermeiden – aber bei anhaltenden Provokationen könnten ROE angepasst werden. Estland und Polen fordern mehr alliierte Präsenz, um die Abschreckung zu stärken.

Neue Äußerungen deutscher Politiker (21. September 2025)

Heutige Reaktionen aus Deutschland drehen sich um Forderungen nach härteren Maßnahmen, getrieben durch die anhaltenden Provokationen. Der CDU-Außenexperte Jürgen Hardt, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, dominierte die Debatte:

  • Hardt forderte eine „harte Reaktion“ und „klare Botschaft“ an Moskau: „Diese Provokationen und Tests Russlands werden nur enden, wenn wir sämtliche militärischen Grenzverletzungen klar beantworten.“ Er hielt den Abschuss russischer Kampfjets bei absichtlichen Verletzungen für „eine Möglichkeit“ und kein Tabu mehr, um die NATO-Abschreckung zu stärken. Dies sei notwendig, da Russland die Grenzen auslotet.

Andere Stimmen: Die Grünen und SPD betonen Deeskalation, während die FDP eine stärkere Präsenz in der Ostsee fordert. Insgesamt signalisieren die Äußerungen eine wachsende Frustration in Berlin, die zu einer NATO-Beratung Anfang der Woche führen könnte.

Entdecke mehr von freie deutsche Presse

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen