Zeitschriftenkritik: Die Neue Ordnung

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Juan Donoso Cortés (1809-1953) gilt als einer der bedeutendsten Geschichtsphilosophen und politischen Denker des 19. Jahrhunderts. Die Analysen und Prognosen des spanischen Reaktionärs erregten die Bewunderung Metternichs, Schellings und Rankes, ebenso wie den Haß von Revolutionären wie Moses Hess, Alexander Herzen und Karl Marx. In seiner großen Rede vor dem spanischen Parlament über die Diktatur vom 18. Januar 1849 prophezeit Donoso weitsichtig die Bedrohung der menschlichen Freiheit durch eine Staatsgewalt, die sich auf die moderne Technik, die Demagogie der Massenbeeinflussung und die Unfähigkeit des Liberalismus und der ihn tragenden Bourgeoisie sowohl zum Befehlen wie auch zum Gehorsam stützt. Die aktuelle Ausgabe (Heft 1, Februar 2024) der zweimonatlich erscheinenden Zeitschrift für Religion, Kultur, Gesellschaft „Die Neue Ordnung“ wartet verdienstvollerweise mit einem von Fehlern bereinigten fünfzehnseitigen Wiederabdruck des ursprünglich anonym erschienenen Beitrags aus „Die Neue Ordnung“ Nr. 3 (1949) auf, durchgesehen und neu eigerichtet von Melanie S. Weber. Im Original belassen wurden Carl Schmitts Anmerkungen seines Essays „Donoso Cortés in gesamteuropäischer Interpretation“. Schmitt schildert hier die Erschütterung Donosos über die Revolution von 1848, die nun in der Tat ein europäisches Ereignis war durch ihren geographischen Schauplatz und die Beteiligung der Franzosen, Italiener, Tschechen und Ungarn und die Nicht-Beteiligung der Engländer. Als die ersten Zeichen einer proletarisch-atheistisch-kommunistischen Bewegung sichtbar wurden und völlig neue Parolen zu Tage traten wie Sozialismus, Kommunismus, Anarchismus, Atheismus und Nihilismus, war das Entsetzen groß. 

Donosos berühmte „Rede über die Diktatur“ machte seinen Namen in ganz Europa bekannt, bei Freunden und Feinden galt er als der radikalste Gegenrevolutionär, als extremer Reaktionär und Konservativer von mittelalterlichem Fanatismus. Im siegreichen bolschewistischen Durchbruch von 1917 trat die steckengebliebene Revolution von 1848 wieder zu Tage, jedoch mit unendlich gesteigerter Intensität und doch in wirklicher Kontinuität mit den Ideen und Kräften, die bereits vor 1848 am Werk waren. Zwar war das Kommunistische Manifest nur ein Teil des Kampfes um den Sinn der damaligen Ereignisse und der heutigen Lage Europas, doch dem europäischen Selbstgefühl hatte schon ein Buch des großen französischen Historikers Alexis de Tocqueville „La Dèmocratie en Amérique“ den Boden entzogen und die Prognose gestellt, daß eine unabwendbare Demokratisierung und Zentralisierung der Menschheit in Rußland und den Vereinigten Staaten von Amerika ihre Vollendung finden würde. Donoso beschrieb dies in seiner Kongreßrede vom 4. März 1847 mit den Worten: „Es gibt heute nur noch sehr wenige Nationen, die sich das leisten können, was man eine Außenpolitik nennen kann; nur drei Nationen haben sie, eine in Amerika, zwei in Europa: England, Rußland und die Vereinigten Staaten von Amerika“. Doch war dies keineswegs die einzige Prophezeiung Donosos, die sich bewahrheiten sollte. So sah er die gesetzliche Abschaffung der Todesstrafe als eindeutiges Vorzeichen einer Massentötung. In den Abgrund der menschlichen Natur blickend, die sich der Idee der absoluten Humanität bedient, um jeden Gegner zur Bestie zu erklären, erblickte er das Endfaktum, „eine Welt, in der das Blut sogar aus den nackten Felsen zu springen scheint“, weil die illusionistischen Paradiese sich in wirkliche Höllen verwandeln.

Weitere Beiträge befassen sich mit der „egalitären und identitären Linken (Lothar Fritze), „Neustart ohne Menschen. Great Reset, der christliche Glaube und das Geschick des Abendlandes“ (Felix Dirsch), „Geschlechtsumwandlung aus ethischer Sicht“ (Karlheinz Nusser) und „Gewissensentscheidung als höchste moralische Instanz? Eine Analyse“ (Ralph Weimann).


Kontakt: Verlag Franz Schmitt. PF 1831. 53708 Siegburg. Einzelheft 5 Euro, Jahresabo 25 Euro. www.die-neue-ordnung.de


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Kommentare

Eine Antwort zu „Zeitschriftenkritik: Die Neue Ordnung“

  1. Ralf.Michael

    Der Mensch ist ein Individuum ! Der Versuch eine neue “ Neuen Ordnung “ zu etablieren wird ( wenn überhaupt ) nur vorübergehend gelingen ! “ Dann werden sich die “ Neu-Geordneten “ gegenseitig zerfleischen ! Auch der weltbeglückende Kommunismus ist mit seinen blühenden Wüsten daran bisher gescheitert !. Alles Traumtänzer.