Elektroautos gelten heute als Schlüssel zur nachhaltigen Mobilität, doch ihre Geschichte reicht weit zurück – bis ins 19. Jahrhundert. Lange bevor Verbrennungsmotoren die Straßen eroberten, waren Elektrofahrzeuge ernstzunehmende Konkurrenten. Dieser Artikel beleuchtet die Anfänge der Elektroautos, ihre frühe Verbreitung, den Aufstieg der Verbrenner und die Frage, ob Elektroautos dieses Mal die Oberhand gewinnen können.
Die Pionierzeit: Elektroautos im 19. Jahrhundert
Die Geschichte der Elektroautos beginnt in den 1830er Jahren. Der schottische Erfinder Robert Anderson baute zwischen 1832 und 1839 in Aberdeen eine elektrische Kutsche, die mit nicht wiederaufladbaren Batterien betrieben wurde. Dieses primitive Fahrzeug war eher ein Experiment, erreichte etwa 6,4 km/h und war kaum praktikabel. Nur wenige Jahre später, 1837, konstruierte ein weiterer Schotte, Robert Davidson, einen 16 Fuß langen Elektro-Lkw mit elektromagnetischen Motoren, der ebenfalls von Batterien angetrieben wurde.
Erst mit der Erfindung der wiederaufladbaren Blei-Säure-Batterie durch Gaston Planté (1859) und deren Verbesserung durch Camille Alphonse Faure (1881) wurden Elektroautos praktischer. 1884 baute der Brite Thomas Parker in Wolverhampton eines der ersten funktionsfähigen Elektroautos mit solchen Batterien. Ein bekanntes Foto von 1895 zeigt Parker mit seinem Fahrzeug, das einer Kutsche ähnelte. 1888 folgte der Deutsche Andreas Flocken mit dem Flocken Elektrowagen, der als erstes vierrädriges Elektroauto der Welt gilt. Mit einem 0,7 kW-Motor und einer Reichweite von etwa 40 km markierte es einen wichtigen Meilenstein.
In den USA sorgte William Morrison 1890 für Aufsehen mit einem sechsplätzigen Elektrofahrzeug, das 22 km/h erreichte. 1898 entwickelte Ferdinand Porsche den P1 (Egger-Lohner C.2 Phaeton), ein Elektroauto mit 3 PS und einer Reichweite von etwa 80 km, das für die k.u.k. Hofwagenfabrik Jakob Lohner gebaut wurde. 1899 brach der Belgier Camille Jenatzy mit seinem Elektroauto „La Jamais Contente“ die 100-km/h-Marke – ein Beweis für die damalige Leistungsfähigkeit der Elektrotechnik.
Die Blütezeit: Elektroautos um 1900
Die 1890er bis 1910er Jahre waren die „Goldene Ära“ der Elektroautos, besonders in Städten. Elektrofahrzeuge waren leise, vibrationsfrei und emissionsarm – ein klarer Vorteil gegenüber den lauten und stinkenden Benzin- oder Dampfwagen. Sie waren einfach zu bedienen, da sie keine Gangschaltung benötigten, was sie vor allem bei wohlhabenden Frauen beliebt machte. In den USA machten Elektroautos um 1900 etwa ein Drittel aller Fahrzeuge aus, mit rund 30.000 registrierten Exemplaren. Bis 1912 stieg die Zahl auf 33.842.
Elektrische Taxis waren weit verbreitet: In London fuhren ab 1897 die „Hummingbirds“ von Walter Bersey, und in New York betrieb die Electric Vehicle Company eine Flotte von Elektro-Taxis. Hersteller wie Detroit Electric produzierten Modelle mit einer Reichweite von bis zu 130 km und einer Höchstgeschwindigkeit von 32 km/h. Doch Elektroautos waren Luxusgüter: Ein Elektro-Roadster kostete 1912 etwa 1.750 US-Dollar, doppelt so viel wie ein Benzinwagen.
Die Verbreitung war auf Städte mit Ladeinfrastruktur beschränkt. Ländliche Gebiete hatten oft keinen Zugang zu Strom, was die Nutzung einschränkte.
Der Aufstieg der Verbrenner: Ab 1910
Das erste Auto mit Verbrennungsmotor, der Benz Patent-Motorwagen, wurde 1885 von Karl Benz gebaut und 1886 patentiert. Es hatte einen 0,75 PS starken Einzylinder-Motor und erreichte 16 km/h. Parallel entwickelte Gottlieb Daimler 1886 einen eigenen Motorwagen. Diese Fahrzeuge legten den Grundstein für die Verbrenner, die ab den 1910er Jahren die Elektroautos verdrängten.
Der Wendepunkt kam 1908 mit dem Ford Model T, das dank Massenproduktion erschwinglich war (ab 650 US-Dollar, später unter 300 US-Dollar). 1912 erfand Charles Kettering den elektrischen Anlasser, der das mühsame Kurbeln überflüssig machte und Benzinwagen benutzerfreundlicher werden ließ. Große Ölvorkommen in Texas machten Benzin billig und verfügbar, während Elektroautos auf städtische Stromnetze angewiesen waren. Zudem verbesserte sich die Straßeninfrastruktur, was längere Reisen förderte – ein Bereich, in dem Elektroautos mit ihrer Reichweite von 30–40 Meilen nicht mithalten konnten.
Bis in die 1920er Jahre verschwanden die meisten Elektroauto-Hersteller. Bis 1935 war die Branche praktisch erloschen, und Elektrofahrzeuge überlebten nur in Nischen wie Gabelstaplern oder Milchwagen.
Fazit: Haben Elektroautos dieses Mal die Nase vorn?
Die Geschichte der Elektroautos zeigt, dass sie bereits vor über einem Jahrhundert eine vielversprechende Technologie waren. Doch hohe Kosten, begrenzte Reichweite und fehlende Infrastruktur führten zu ihrem Niedergang. Heute erleben Elektroautos eine Renaissance, angetrieben durch fortschrittliche Batterietechnologien, Klimaziele und staatliche Förderungen. Dennoch sind nicht alle Probleme gelöst: Die Reichweite moderner Elektroautos liegt zwar bei 300–500 km, aber Ladeinfrastruktur, Ladezeiten und die Umweltbelastung durch Batterieproduktion bleiben Herausforderungen. Werden Elektroautos dieses Mal die Nase vorn haben, oder wird eine andere Technologie – wie Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe – die Oberhand gewinnen? Die Geschichte lehrt uns, dass Innovation allein nicht reicht: Wirtschaftlichkeit, Infrastruktur und Nutzerfreundlichkeit werden entscheidend sein.
Quellen
- Wikipedia: Geschichte des Elektroautos
- Wikipedia: Flocken Elektrowagen
- Porsche Newsroom: Der P1
- HistoryWebsite: Thomas Parker
- Technik Museum Sinsheim
- MHC Mobility: Erstes Elektroauto